Leben ohne Poesie
Ich bin, während ich hier bin, woanders —
voraus oder zurück
woanders ein zweiter:
die Unruhe, ein Unselbst.
Ich bin nur hier
Ich bin nur jetzt:
die Ruhe selbst
S. 126
Amsel auf dem Brunnendach,
Silhoutte der Morgendämmerung.
Radfahrer am Kanal,
Silhouette des Abendwerdens.
Orion glitzert hinter den
Apfelbaumzweigen,
Silhouette des Winters
S. 150
Geht in der Sonne die Schöne vorbei,
Winke ich sie herbei!
Vorhaben wird Vorsatz.
Vorsatz wird Satz.
"Geht in der Sonne die Schöne vorbei,
Winke ich sie herbei."
S. 153
Niemand da
Sprich mit den Gegenständen der Langsamkeit
Sprich mit dem LIcht der Gegenstände der Langsamkeit
Sprich mit den Gegenständen im LIcht der Langsamkeit
S. 157
Abschied in der Basilka
Entschwebendes Gesicht - bunte Grimasse!
Im Augenblicksbild warst du für immer verloren
und deutest mit Wirbeln statt Wangen
und Schlitzen statt Augen
die Maske an
Doch der steinerne Boden zu meinen Füßen,
die liegenden Steine bringen dich wieder näher
Mich in sie vertiefend
beschwere ich uns mit ihnen
Schöne Last unserer Köpfe
Nie wieder will ich Masken sehen
S. 162
PETER HANDKE
Leben ohne Poesie
Gedichte
Suhrkamp, 2007